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Ursprung von Karate

Woher kommt Karate und wie hat es sich entwickelt?

Das, was wir heute als Karate kennen, entstand auf Okinawa, einer kleinen Insel mit zentraler Position zwischen Japan, China und Taiwan im Ostchinesischen Meer. Einheimische Zweikampfformen, bestimmte Formen von Tänzen und der Einfluß chinesischer Kampfkunstexperten ließen im Laufe der Jahrhunderte eine Vielzahl von Übungsformen, die Kata genannt werden, entstehen.

Es ist erwiesen, dass in der langen Zeit der Besatzung von Okinawa nicht nur das Tragen von Waffen, sondern auch das Ausüben von Kampfkünsten verboten war. So “tarnten” die Anhänger der Kampfkunst ihre Übungen auch in Tanzformen. Auch aus anderen Kulturen sind solche “Kampftänze” bekannt, so z.B. Capoeira, der brasilianischen Kampftanz oder dessen Ursprung, den afrikanischen NíGolo (Zebratanz). Die okinawische Kampfkunst wurde damals To-De (übersetzt: China-Hand) genannt.

Gegen Anfang dieses Jahrhunderts, als die alten Kampfkünste in Japan eine Renaissance erlebten und zum nationalen Kulturgut und Erbe erhoben wurden, erwachte nach einem Besuch des japanischen Thronfolgers Hirohito im Jahr 1921 auf Okinawa, Gichin Funakoshi das Interesse am “exotischen”. Bestandteil seines Besuchsprogramms war eine Karatevorführung, die von Gichin Funakoshi organisiert wurde.

1922 reiste Gichin Funakoshi nach Japan, um in Tokio Karate vorzustellen. Anlaß war eine Vorführung der alten japanischen Kampfkünste, zu der auch die Präfektur Okinawa eingeladen war. Karate fand nun erstmals vor einem breiteren Publikum Beachtung. Obwohl Funakoshi es nicht beabsichtigt hatte, blieb er, bedingt durch das rege Interesse, in Tokio um Karate zu unterrichten.

Zu jener Zeit herrschten in Japan starke nationalistische Tendenzen vor. Daher wurden oftmals Begriffe getilgt, die auf eine chinesische Herkunft schließen ließen. So geschah dies auch im Fall des Begriffs “Karate”. Karate besteht in der japanischen Schriftart “Kanji”aus zwei Schriftzeichen, “kara” und “te”. Es gibt nun zwei Zeichen in der Kanji-Schrift (die unmittelbar von der chinesischen Schrift abstammt), die beide im japanischen “kara” ausgesprochen werden, jedoch unterschiedliche Bedeutung haben: “kara” (oder “ku”) für “Leere” und “kara” für “chinesisch” oder “Tang Dynastie”. Die Schreibung “chinesische Hand” war bis zu jenem Zeitpunkt allgemein anerkannt. Nun wurden, die Schriftzeichen ausgetauscht und somit die Deutung von “chinesisch” auf “Leere” geändert, ohne jedoch die Aussprache zu manipulieren. Dies stieß jedoch unter Traditionalisten auf herbe Kritik. Etliche Karate-Stile verwenden daher heute noch die alte Schreibweise.

“kara” steht für “Leere”, “te” steht für “Hand”. Die heute gängige Deutung für “leer” lautet auch “unbewaffnet”. Die zweite Deutung ist der Zustand der geistigen Harmonie mit dem Universum, das Stadium der “Leere” oder des “Nirvana”, welches im Zen-Buddhismus angestrebt wird. Das sind Deutungen, die Gichin Funakoshi in den zwanziger Jahren, nach seiner Ankunft in Tokio einführte.

Dazu kommt noch, dass die Sprache, die auf Okinawa gesprochen wird, stark vom Japanischen abweicht und so die Begrifflichkeit “japanisiert” und vor allem standardisiert werden mußte. Beispielhaft hierfür sei der Name einer Reihe von Übungsformen genannt: Heian. Die Kanji-Schriftzeichen für Heian werden in der okinawanischen Sprache genauso geschrieben, wie in der japanischen. Nur die Aussprache ist unterschiedlich: in Japan: Heian, in Okinawa: Pinan.

Auch diese Änderung der Aussprache ist auf Gichin Funakoshi zurückzuführen. Hironori Ohtsuka, der Begründer des Karate-Stils Wado-Ryu, studierte lange Zeit unter Funakoshi in Japan, bis er sich aufgrund von Differenzen von ihm trennte. Im Wado-Ryu ist heute noch die Aussprache Pinan geläufig, wie in den meisten anderen Karatestilen. Daraus läßt sich schließen, dass Funakoshi die Aussprache erst im Laufe der Zeit an die japanischen Verhältnisse anpaßte.

(Hinweis: Die japanischen Begriffe aus dem Karate mit deutscher Bedeutung ist im Lexikon Karate Begriffe zu finden, dort zum großen Teil ergänzt in Japanisch)

Der zweite Weltkrieg forderte viele Opfer unter Funakoshis Schülern und 1945 wurde das Dojo von Funakoshi durch Bomben zerstört. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden verschiedene Anstrengungen unternommen, Karate wieder aufzubauen. Der Nachfolger Gichin Funakoshis, sein Sohn Yoshitaka (Gigo) Funakoshi, starb 1946 an Tuberkulose. Sein Nachfolger wurde Shigeru Egami. Allerdings hatten diese Pioniere des Shotokan wenig Einfluß auf die Nachkriegsentwicklung des Karate und Funakoshi wurde zum Markenzeichen und Aushängeschild der JKA (Japan Karate Association) die 1948 von Masatoshi Nakayama gegründet wurde und bei der Funakoshi Chefausbilder war..

Shotokan
Der Karatestil, der in unserer Abteilung betrieben wird, wird als Shotokan-Karate bezeichnet. Was heißt aber Shotokan? Shotokan war der Name der ersten in Tokyo im Frühjahr 1936 errichteten Übungsstätte (Dojo) für Karate, über deren Tür SHÔTÔ-KAN stand. Wobei “Sho-to” auf Gichin Funakoshi verweist, der mit diesem Pseudonym chinesische Gedichte signierte, die er während seiner Jugend schrieb. “Kan” steht für Haus oder Halle. Einfach interpretiert könnte man sagen: Halle des Sho-to. Gegen die Bezeichnung Shotokan als Karatestil wehrte sich Funakoshi vehement, da er der Überzeugung war, Karate solle keine Stilbegrenzungen kennen, von ihm stammt der Satz “Es gibt nur ein Karate-Do”. Die Geschichte ließ es jedoch zu, dass Shotokan als Stilbezeichnung heute gebräuchlich ist.

JKA
Die Japan Karate Association wurde im Jahr 1948 gegründet. Der Verdienst der Gründer, allen voran Masatoshi Nakayama und Hidetaka Nishiyama, ist die weltweite Verbreitung des Karate. Durch sie wurde der Wettkampf ins Karate eingeführt. Karate war von einer alten Art der Selbstverteidigung zu einem zeitgemäßen Sport geworden. Die Instruktoren der JKA, bekannt durch ihre Wettkampferfolge und hervorragende Technik, wurden in die Welt ausgesandt um JKA-Karate, bzw. Shotokan-Karate zu verbreiten. Man hatte sich ja durch den Wettkampf selbst ein Maß für Qualität geschaffen, an dem sich andere Stile erst einmal messen lassen mußten. An der Dominanz der JKA, die Jahrzehnte andauerte gibt es kaum einen Zweifel. Seit 1987, als Masatoshi Nakayama unerwartet starb, ist die JKA in mehrere Splittergruppen zerfallen, die für sich jeweils die legitime Nachfolge Nakayamas beanspruchen. Aufgrund eines Gerichtsurteils, welches der Asai-Gruppe die Rechte am Zentral-Dojo zusichert, dürfte diese Gruppe, rein rechtlich gesehen, dem Nachfolgeanspruch am nächsten kommen. Andere Gruppen sind z.B. die Tanaka-Gruppe, sowie die Sugiura-Gruppe.

Karate in Deutschland
Wenn man von Karate in Deutschland spricht, muß man Jürgen Seydel meinen. Seit 1939 übte Jürgen Seydel Judo und kam dadurch 1957 erstmals mit Karate in Verbindung, als er zwei seiner Schüler zu einem Karatelehrgang in Südfrankreich schickte. Es sollte noch vier Jahre dauern, bis 1961 der DKB (Deutscher Karate Bund) gegründet wurde. Bis zum Jahr 1968 führte er technisch und administrativ den DKB an, bis 1968 Hirokazu Kanazawa als erster hauptamtlicher Bundestrainer von der JKA nach Deutschland entsandt wurde.

1970 tritt Hideo Ochi die Nachfolge Kanazawas an und prägt seither maßgeblich das Bild des Karate in Deutschland.

1976 wurde der DKV (Deutscher Karate Verband) gegründet, mit dem Ziel in den Deutschen Sportbund integriert zu werden und somit Bestandteil des organisierten Sports in Deutschland zu werden. Gründungsväter waren bereits erwähnter DKB, DJKV (Deutsch-Japanischer Karateverband) und GKD (Goju-Kai Deutschland). Nachdem noch die DKU (Deutsche Karate Union), die Sektion Karate des Deutschen Judobundes, sowie die WKD (Wado-Kai Deutschland) in den DKV integriert waren, wurde 1977 die Anerkennung als Spitzenverband für die Sportart Karate ausgesprochen. Die Landesverbände des DKV, im Fall unserer Abteilung der BKB (Bayerischer Karate Bund), sind Mitglied der jeweiligen Landessportverbände (z.B. BLSV Bayerischer Landessportverband).

Das Ziel, Karate in Deutschland unter dem Dach einer Organisation zu betreiben schien erreicht, bis es 1993 zur Abspaltung des DJKB (Deutscher JKA-Karate Bund) vom DKV kam. Hideo Ochi, der wie bereits oben erwähnt seit 1970 die technischen Geschicke als Bundestrainer lenkte, steht dieser neuen Organisation vor, die sich der Tradition der JKA verschrieben hat. Die Bereichsleitung Shotokan des DKV erhebt einen ähnlichen Anspruch für sich. Die Situation ist aus Sicht der Mitglieder äußerst bedauenswert. Es bleibt zu hoffen, dass das hervorragende technische Potential, das die eine Seite der jeweils anderen aus politischen Gründen vorenthält und das selbstverständlich auf beiden Seiten vorhanden ist, im Interesse der Karateka beider Lager wieder vereint wird oder alternativ sich beide Verbände positiv einander öffnen.

Nach 1993 werden Günther Mohr, Toni Dietl und Efthimios Karamitsos Bundestrainer des DKV. Die Abteilung Karate Grosshabersdorf des Sportvereins Großhabersdorf (www.sv-grosshabersdorf.de) ist Mitglied dieses Verbands.

Schlußbemerkung

Der Inhalt dieser Seite ist das Resultat des Zusammentragens vieler Informationen, die auch teilweise subjektiv gefärbt sind. Kommentare und Anregungen werden ernst genommen. Sie erreichen uns unter kontakt.

Grundlagen zu diesen Infos wurden erstmals 1997 von Roland Müller zusammengestellt und in der heutigen Fassung mehrfach von Johannes Klinger ergänzt und überarbeitet.
© Roland Müller, 1997, © Johannes Klinger, 1998 – 2020